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An der Grenze des Machbaren

Carl Zeiss begann mit Mikroskopen. Die neue Technik für Halbleiter arbeitet mit Hochvakuum und extrem ultraviolettem Licht.

Spezialbelichter für Halbleiter von Zeiss
Schwerer Kasten: Der Spezialbelichter für Halbleiter von Zeiss besteht aus 15.000 Teilen und wiegt 1,5 Tonnen. Bildquelle: Zeiss

Mit der Marke Zeiss verbinden die Menschen vor allem optische Produkte – Brillengläser, hochwertige Fotoobjektive und natürlich Mikroskope. Mit letzteren hat Carl Zeiss 1846 in Jena begonnen. Sie eröffneten den Forschern in Medizin und Biologie buchstäblich eine neue Welt. Das entsprach dem Ansatz von Carl Zeiss: Die Grenzen des Machbaren verschieben. So entstanden die ersten industriellen Messgeräte, Ferngläser und Brillengläser, durch die der Träger auf der ganzen Fläche scharf sehen kann – entspiegelte Gläser. Und eine Chipbelichtungstechnik, ohne die die Computerindustrie weltweit nicht mehr auskommt.

Mit dem Chemiker Otto Schott gründete Zeiss ein Glaswerk, das die Keimzelle des heutigen Mainzer Konzerns Schott ist. Mit dem Tod des Gründers 1888 übertrug Teilhaber Ernst Abbe die Firmenanteile an die Carl-Zeiss-Stiftung, die das Unternehmen wie auch die Schott AG noch heute kontrolliert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Sitz des Unternehmens ins baden-württembergische Oberkochen verlagert. Der Stammsitz in Jena wurde 1948 verstaatlicht. Mit der Wiedervereinigung kamen auch die beiden Firmenteile wieder zusammen.

Erste Lithografie-Optiken sind bei Zeiss bereits vor 50 Jahren entstanden. Sie sind bei der Halbleiterherstellung von Bedeutung. Heute verschiebt Zeiss hier die Grenzen des Machbaren. Gemeinsam mit dem Maschinenbauer Trumpf aus der Nähe von Stuttgart und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik in Jena hat das Unternehmen die EUV-Lithografie entwickelt, die auf extrem ultraviolettem Licht basiert. Damit lassen sich viel leistungsfähigere, energieeffizientere und kostengünstigere Mikrochips herstellen als je zuvor. Die Anlagen des niederländischen Konzerns ASML können damit 57 Milliarden (Halbleiter-)Bauelemente auf einer Fläche, nur etwas größer als eine Fingerkuppe, fertigen. Die Mikrochips weisen Strukturen, 5000 Mal feiner als ein menschliches Haar, auf.

„Zeiss ist das weltweit einzige Unternehmen, das die hierzu nötigen Optiken im industriellen Maßstab herstellen kann“, sagt Zeiss-Vorstandschef Karl Lamprecht. Die neuen Hochleistungschips sind die Grundlage für den Mobilfunkstandard 5G oder autonomes Fahren.

Allein das Beleuchtungssystem und die Projektionsoptik bestehen aus 35.000 Teilen mit einem Gesamtgewicht von 1,5 Tonnen. Weil ultraviolettes Licht von allen Materialien – auch Luft – absorbiert wird, hat Zeiss ein optisches System geschaffen, das im Hochvakuum betrieben wird. Da in diesem Bereich selbst kleinste Unregelmäßigkeiten erhebliche Fehler verursachen, hat Zeiss den weltweit präzisesten Spiegel mit einer Multilagenbeschichtung entwickelt. Würde man ihn auf die Größe Deutschlands vergrößern, wäre die größte Unebenheit – sozusagen die Zugspitze – ganze 0,1 Millimeter hoch.

Die EUV-Technologie ist bei Zeiss im Geschäftsbereich Semiconductor Manufacturing Technology angesiedelt. Von hier kommen Optiken, die bei der Produktion von vier Fünftel aller auf der Welt hergestellten Mikrochips eingesetzt werden. Mit 2,7 Milliarden Euro Umsatz ist der Bereich inzwischen der größte von Zeiss. Insgesamt hat der Konzern von der Schwäbischen Ostalb zuletzt 8,7 Milliarden Euro (Stand: 30. September 2022) erwirtschaftet. Zeiss beschäftigt mehr als 38.000 Mitarbeiter, 17.000 davon in Deutschland.

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