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Das Unerwartete umsetzen

Auch im 100. Jahr des Bestehens wandelt sich Trumpf. Das Unternehmen will früh bei Technologien dabei sein, die Fabriken revolutionieren.

Trumpf hat Verfahren entwickelt, dass Feinstaub verringert.
Richtig gelasert: Trumpf hat ein Verfahren entwickelt, das hilft, den Abrieb von Bremsscheiben und damit die Feinstaubemission zu verringern. Bild: © Trumpf-Gruppe

Bescheiden, aber weltweit erfolgreich: Trumpf gilt weit über die Heimat hinaus als Paradebeispiel für ein Familienunternehmen. Immer auf der Suche nach neuen technischen Lösungen, die gerne über den aktuellen Tellerrand hinausreichen. Nur zum Unternehmen muss es passen, selbst wenn sich die Inhalte massiv verändern. Kaum zu glauben, dass Christian Trumpf vor genau 100 Jahren mit der Produktion von biegsamen Wellen für Zahnarztpraxen und Druckereien begonnen hat. Mit Erfolg: In den 1930er-Jahren erweitert das Unternehmen im Stuttgarter Vorort Weilimdorf die Produktpalette auf Handwerkzeuge für die Blechbearbeitung.

Die ersten Maschinen zum Stanzen und Nibbeln bringt Trumpf in den 50er-Jahren auf den Markt. Diese Aushauscheren sind so erfolgreich, dass in Hettingen auf der Schwäbischen Alb ein Zweitwerk eröffnet wird. Für zahlreiche Erfindungen ist der frühere Mechanikerlehrling Berthold Leibinger verantwortlich, der 1961 nach seinem Maschinenbaustudium zu Trumpf zurückkehrt. Fünf Jahre später ist er Geschäftsführer und Gesellschafter. Leibinger ist der Erste, der die Möglichkeiten von Lasern für die industrielle Anwendung entdeckt und für Trumpf vorantreibt.

Stahlbleche wie mit einem Skalpell trennen: Leibingers Ansatz ist bis heute eine wichtige Säule des Unternehmens, das seit 1972 in Ditzingen bei Stuttgart ansässig ist. Seit 2005 führt Tochter Nicola Leibinger-Kammüller Trumpf unter anderem mit Ehemann Mathias Kammüller. Bruder Peter Leibinger gehört als Technikvorstand und designierter Aufsichtsratschef zu jenen im Unternehmen, die sich in neue Felder vorwagen. Dazu gehört seit 2014 der 3D-Druck. „Das Unerwartete umsetzen“, nennt es die Chefin.

Zu den neuen Feldern zählen seit zehn Jahren Mikrooptiken. Zusammen mit Zeiss hat Trumpf auf diesem Feld ein Verfahren entwickelt, das mit extrem ultravioletter Strahlung (EUV) die Produktion von Hochleistungshalbleitern verbessert. Bis zu 100 Millionen Transistoren auf einem Quadratmillimeter sind so möglich. Der niederländische Maschinenbauer ASML, Branchenführer bei Anlagen für die Chipproduktion, hat sich mit dieser Technologie einen Vorsprung verschafft. Die Sparte ist inzwischen zum Umsatztreiber bei Trumpf geworden.

Peter Leibinger wagt sich unterdessen mit dem hauseigenen Start-up Qant auf das Feld von Halbleitern, die auf Basis der Quantentechnologie eine bisher unerreichte Leistungsfähigkeit erreichen sollen. „Wir gehen damit eine Wette ein“, gibt er zu. Für Trumpf ist dabei vor allem wichtig, früh bei der Entwicklung einer Technologie dabei zu sein, die die Steuerung von Maschinen und ganzer Fabriken revolutionieren wird. „Es wird zu massiven Veränderungen kommen“, beschreibt Leibinger-Kammüller die digitale Transformation, die auch für ihr Unternehmen gilt. Die Menschen müssten sich zwangsläufig umstellen – viel, oft und immer wieder dazulernen. „Wir müssen vorne mit dabei sein“, gibt sie die Richtung vor. Wobei die rund 16.000 Beschäftigten diese Erwartung bereits als Standardvorgabe kennen. „Es macht ja auch Spaß, mit etwas ganz Neuem zu kommen und sich nicht bremsen zu lassen“, beschreibt die Chefin die Grundphilosophie bei Trumpf.

Die Leibingers sind eng mit der evangelischen Kirche verbunden und setzen auf klare Werte. „Wenn man weiß, was richtig und was falsch ist, dann hat man es einfacher“, sagt Leibinger-Kammüller. Dazu gehört aber auch ein pragmatischer Ansatz wie im Fall von Ländern wie China, wo Trumpf gut ein Siebtel des Umsatzes von insgesamt 4,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Nur sechs Prozent der Staaten auf der Welt seien „astreine Demokratien“. Man könne nicht nur mit denen handeln. „Damit ist der Lebensstandard nicht zu halten“, sagt Leibinger-Kammüller, die sich aber im Gegensatz zu anderen Unternehmern nicht scheut, die Verhältnisse dort zu kritisieren. Für die Familie hat Pragmatismus klare Grenzen. „Lieber auf Umsatz verzichten als auf Anstand“, hat sie mal die Sanktionen gegen Russland befürwortet.

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