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Energie & Rohstoffe > Härtha-Gruppe

„Der Mittelstand hat keine Spieler auf der Ersatzbank“

Sven Killmer ist Chef der Härtha-Gruppe, einem energieintensiven Metallveredler. Der Mittelständler geht mit äußerster Kraft durch eine Transformation, denn der Chef weiß: „Wer keine Energiestrategie hat, hat kein Geschäftsmodell.“ Doch auf dem Weg lauern Tücken.

Der Metallveredler Härtha setzt auf PV-Anlagen wie diese, um sich zukunftssicher aufzustellen.

Und es geht doch. Sven Killmer ist Chef von dem, was Mittelstand in Deutschland ausmacht. Rund 400 Mitarbeiter, 65 Millionen Euro Umsatz, zehn Standorte, davon vier in Nachbarländern. Echte Produktion, es glüht, es brodelt, es funkt. Aber alles blitzeblank. „Kannste vom Fußboden essen“, würde Muttern sagen.

Die Härtha-Gruppe macht in Metall. Genauer gesagt: Sie veredelt das Material, in dem sie es härter macht. Autohersteller brauchen Teile, die von Härtha kommen, Zahnräder zum Beispiel, die nicht brechen. Das kostet Energie, viel Energie. Allein in Deutschland so viel, wie mehr 7000 Durchschnittshaushalte verbrauchen. Und dennoch will Härtha seinen CO2-Ausstoß, der aus eigenen Aktivitäten entsteht, in sieben Jahren um fast 50% reduzieren.

Dazu setzt das Unternehmen an allen Standorten auf Stromerzeugung mittels Photovoltaik und Windenergie auf der einen Seite und energiesparende Produktionsprozesse auf der anderen, auf E-Autos im Fuhrpark und Lieferanten, die es genauso halten. Selbst Obstbäume und Bienenstöcke auf dem Firmengelände gehören bei Härtha zum Erscheinungsbild. „Wer heute keine Energiestrategie hat, hat kein Geschäftsmodell“, stellt Killmer fest. Die Kunden verlangten das.

Es ist einer jener Sätze des Chefs, die keine Missverständnisse aufkommen lassen. Ein anderer lautet: „Der Mittelstand kriegt das schon hin, aber der Staat sollte mal aus dem Weg gehen.“ Was er damit meint? Zum Beispiel die Sache mit der Baugenehmigung. An einem seiner deutschen Standorte wollte Härtha eine Photovoltaik-Anlage errichten, um den Strom für die Produktion zum Teil selbst zu produzieren. Allein die Frage zu klären, ob dazu im Gewerbepark eine Baugenehmigung nötig sei, dauerte Wochen.

Da auf der anderen Seite der Hersteller der Solarpanele dringend liefern wollte, weil bei ihm die Kunden Schlange stehen und er die guten Stücke ohne Schwierigkeiten an den Nächsten geben kann, war der Prozess für Killmer anstrengend: „In Deutschland sind Bauvorhaben wie Photovoltaikanlagen und Windräder eine Herausforderung“, lautet sein Fazit. Anderswo, und Killmer hat seine Standorte in Italien und den Niederlanden im Kopf, gehe es einfacher.

Dazu kommt: Bei Härtha wird in mehreren Schichten produziert. Die Energie muss rund um die Uhr verfügbar sein auch bei „Dunkelflaute“, also wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Killmer lässt deswegen Energie an den Spotmärkten dazukaufen, denn trotz aller Ambitionen ist er Realist und weiß: Funktionierende Speichersysteme gibt es bisher nicht. Alles, was an Batterien auf dem Markt ist, wäre viel zu groß, wenn es tatsächlich die Produktion in einer Dunkelflaute sicherstellen müsste.

Und dann ist da das Reporting, also das Dokumentieren von all dem, was man tut, mit dem Ziel, die Nachhaltigkeit auch nachweisen zu können. Schlichtweg „zu umfangreich für kleine Mittelständler“, sagt Killmer und es folgt wieder so eine eindeutige Formulierung, die jeder Mittelständler aus Überzeugung unterschreibt: „Im Zweifel machen die zu und schließen einfach ab. Ich verstehe, dass den Leuten die Lust vergeht. Der Mittelstand hat keine Spieler auf der Ersatzbank sitzen.“

Warum er in seinen Worten „Hardcore durch die Transformation“ gehe? Im offiziellen Webauftritt der Härtha Gruppe lautet die Begründung so: „Wir sind fest überzeugt: Entscheidungen trifft man nicht allein aus wirtschaftlicher Sicht. Wir denken deshalb auch ökologische und zivilgesellschaftliche Gesichtspunkte immer mit. Wir übernehmen Verantwortung.“ Wer Killmer persönlich fragt, erhält eine persönliche Antwort: „Ich habe einen achtjährigen Sohn“, sagt er. Er wolle ihm eine lebenswerte Welt hinterlassen.

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