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Personal > Krise auf dem Arbeitsmarkt

Der Fachkräftemangel ließe sich durch mehr Umzüge deutlich mindern

Egal ob Auszubildende oder Geschäftsführer: Dass es so viele unbesetzte Stellen gibt, hat auch einen Grund, über den selten gesprochen wird: Die Deutschen ziehen ungern um. Warum diese Immobilität unseren Wohlstand gefährdet.

Die Deutschen ziehen ungern um: Viele Stellen bleiben unbesetzt, da die meisten einen Job nahe ihres Wohnortes suchenBild: Shutterstock

Als Andrea Nahles ihren ersten großen Auftritt im neuen Job hatte, musste die Chefin der Bundes­ar­beits­agen­tur über ein vermeintliches Luxusproblem sprechen: 112.000 Ausbildungsplätze sind in Deutschland unbesetzt. Ihrem Haus wurden insge­samt 519 500 betrieb­li­che Ausbil­dungs­plät­ze gemel­det. Diesen gegen­über standen nur 407 600 Bewerber. Nun stecken hinter diesen Zahlen mehrere Geschichten: Auf der einen Seite gibt es immer mehr unbesetzte Stellen. Auf der anderen Seite aber auch immer mehr junge Menschen, die gern eine Ausbildung starten würden und keinen Platz finden.

Wie passt das zusammen? Warum gehen viele leer aus? Weil Jugendliche zwar immer mehr Auswahl haben, wo sie ihren Weg in die Berufswelt starten möchten. Aber eben nicht alle Jugendlichen und vor allem nicht genau da, wo sie aktuell wohnen. Angebot und Nachfrage passen laut Experten nicht in allen Regionen Deutschlands zusammen. Im Süden Deutschlands haben junge Leute die Qual der Wahl – rein rechnerisch hat jeder Bewerber oder jede Bewerberin zwei freie Stellen zur Auswahl. In Berlin und in überwiegenden Teilen Nordrhein-Westfalens ist es umgekehrt – hier gibt es zu wenig Plätze für die Zahl der Suchenden.

Deswegen appellierte Andrea Nahles an die Mobilität der jungen Leute. Doch gerade für Auszubildende ist ein Umzug schwer. Viele wohnen noch bei ihren Eltern und gerade im Süden sind Mieten hoch. Zudem hängen die Jugendlichen stark an ihren Freunden und ihrer Heimat. Die Shell-Jugendstudie kommt zu dem Ergebnis: Wenn sie also Priori­tä­ten setzen sollen, dann bevor­zu­gen die meisten Jugend­li­chen eher materi­el­le Aspek­te und die Sicher­heit des Arbeits­plat­zes und stellen die inhalt­li­che Wertig­keit ihrer Arbeit hintan.“

Doch das Problem der eingeschränkten Mobilität ist hierzulande sehr viel größer als dass es nur bei Auszubildenden auftritt. Es geht bis hinaus in die Führungsetagen. Auch Chefinnen und Chefs sind knapp, viele Unternehmen suchen monatelang geeignete Kandidaten. „Die Mobilität ist in Deutschland sehr eingeschränkt, aber gerade viele Familienunternehmen erwarten immer noch, dass die Leute umziehen, sonst würde das fehlendes Commitment beweisen“, fasst der Headhunter Marco Henry Neumueller seine Erfahrungen zusammen. Der Partner der Beratung Odgers Berndtson ist seit Jahren auf Mittelständler spezialisiert. 


Auch Führungskräfte ziehen zu selten um

Zwar gewöhnen sich immer mehr Unternehmen an den Gedanken, dass auch Führungskräfte auf das Wohl ihrer Familie achten und Kind und Kegel nicht allzu leicht zum Umzug bewegen können. Aber es gibt verbreitet die Ansicht, das mit der Unterschrift unter den CEO-Vertrag auch eine für einen Bauplatz in der Nähe der Firma einhergehen sollte: Marco Henry Neumueller drückt es so aus: „Ich beobachte viele Kandidatinnen und Kandidaten, denen Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort sehr wichtig ist. Und es gibt immer noch viele Mittelständler, die da nicht mitgehen. Für die Generation ist Work Life Balance sehr wichtig.” 

Das Problem der mangelnden Mobilität ist für die Betriebe schwierig, aber genauso für den Staat. Schließlich sucht auch die öffentliche Verwaltung dringend Personal. Hier steht laut Experten die Funktionsfähigkeiten des Staatswesens auf dem Spiel, wen der Fachkräftemangel nicht in den Griff zu kriegen ist. Auf der anderen Seite zeigen international durchgeführte Umfragen wie die vom renommierten Gallup Institut, dass gerade in Deutschland überdurchschnittlich viele Menschen mit ihrem Job unzufrieden sind – innerlich gekündigt haben, wie man so schön sagt.

Mehr Fluktuation täte der deutschen Volkswirtschaft gut, lautet das Ergebnis einer Studie, die das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gemeinsam mit der Job-Plattform Stepstone, der Beratung Kienbaum und der New Work SE, zu der unter anderem Xing und Kununu gehören, unternommen hat. Menschen sollten da arbeiten, wo sie ihre Kompetenzen bestmöglich einbringen können. Das würde sie glücklicher machen als ein paar Euro mehr. Aber die meisten setzen dann doch darauf, dass sie genau diesen Job nahe ihres jetzigen Wohnortes finden.

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